Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren …

Die Sonne fiel durch die hohen Fenster des Praxisraums, als Herr M. zum ersten Mal den Raum betrat. Er war ein Mann Mitte 40, mit einer festen beruflichen Stellung und einem stabilen sozialen Umfeld. Doch etwas nagte an ihm – eine diffuse Unzufriedenheit, die sich nicht greifen ließ. „Ich fühle mich, als ob ich mein Leben in einem festen Korsett lebe“, sagte er. „Es passt, es hält mich aufrecht, aber ich spüre keinen Atem mehr.“

Herr M. war nicht psychisch krank, das wusste er. Die Idee, eine Psychotherapie zu beginnen, kam ihm nicht in den Sinn. Doch er suchte nach einem Gesprächspartner, der ihm helfen konnte, tiefer zu blicken, ohne ihn zu „diagnostizieren“. So fand er den Weg in die Philosophische Praxis.

Das Gespräch als Spiegel und Herausforderung

In den ersten Sitzungen erörterten wir Fragen, die Herr M. auf dem Herzen lagen: Was macht ein gutes Leben aus? Was bedeutet Glück für mich? Und: Lebe ich mein Leben wirklich authentisch? Die Gespräche waren tiefgehend, forderten ihn heraus, seine bisherigen Überzeugungen zu hinterfragen.

Ein Gespräch drehte sich um die Frage, warum er sich so stark an die Erwartungen seiner Umgebung anpasste. Herr M. erkannte, dass er sich sein Leben lang danach gesehnt hatte, von anderen bestätigt zu werden. Diese Erkenntnis war für ihn befreiend – und beängstigend. „Wenn ich aufhöre, diesen Erwartungen zu folgen, wer bin ich dann noch?“

Risiken und Nebenwirkungen des Denkens

Philosophische Praxis ist kein harmloser Spaziergang. Sie erfordert den Mut, Gedanken zuzulassen, die die gewohnte Lebensordnung erschüttern können. In einer späteren Sitzung sprach Herr M. davon, dass sich sein bisher stabiles Weltbild ins Wanken gebracht fühlte. „Ich habe plötzlich Zweifel, ob mein Lebensweg der richtige war“, sagte er. „Und das macht mir Angst.“

Diese Angst war kein Symptom, das „behandelt“ werden musste. Sie war ein notwendiger Teil des Prozesses, des Übergangs. Hier liegt eine der Risiken der Philosophischen Praxis: Sie kann alte Gewissheiten zerstören, ohne sofort neue zu liefern. Herr M. musste lernen, mit der Ungewissheit zu leben – und sie als Chance zu begreifen.

Eine Philosophie des Lebens, keine Therapie

Die Gespräche mit einem Philosophen ersetzen keine ärztliche oder therapeutische Behandlung. Sie setzen ein reflektiertes Bewusstsein und die Bereitschaft zur Selbstverantwortung voraus. Anders als in der Psychotherapie liegt der Fokus nicht auf der „Heilung“, sondern auf der Erkenntnis. Wer sich darauf einlässt, geht das Risiko ein, dass sich sein Leben verändert – nicht immer in vorhersehbaren Bahnen.

„Was Sie hier machen, ist gefährlich“, sagte Herr M. eines Tages lächelnd. „Aber es ist genau das, was ich gebraucht habe.“ Die philosophischen Gespräche hatten ihm nicht nur geholfen, seine Unzufriedenheit zu durchdringen. Sie hatten ihn dazu gebracht, sein Leben in einer neuen, mutigen Weise zu gestalten.

Fazit: Fragen Sie Ihren Philosophen

Wie bei Medikamenten gilt auch hier: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie… wen? In der Lebensführung gibt es keine Apotheker, keine genauen Dosierungsangaben. Doch die Gespräche in der Philosophischen Praxis eröffnen einen Raum, in dem das Denken zu einem Abenteuer wird – mit Risiken, ja, aber auch mit ungeahnten Möglichkeiten.

Philosophie ist keine Medizin, aber sie kann heilsam sein – wenn man bereit ist, sich selbst als Fragender neu zu entdecken. Herr M. fand in der Philosophischen Praxis nicht „die Lösung“, sondern eine Freiheit, die über jede Antwort hinausgeht. Und das, sagt er heute, war das Beste, was ihm passieren konnte.

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