Was ist Philosophische Praxis?

Mit dieser Frage, „was etwas ist", beginnt bereits jede Philosophische Praxis!

Philosophische Praxis meint ein doppeltes: Zum einen ist eine Philosophische Praxis ein Ort und eine Institution, die ähnlicher einer Rechtsanwaltskanzlei oder einer Arztpraxis den Raum und den Rahmen für das, was sich in ihr ereignen soll, nämlich das Praktizieren von Philosophie, bereitstellt. Zum anderen ist Philosophische Praxis das praktisch Tätigsein eines Philosophen oder einer Philosophin, das Praktizieren von Philosophie als Lebensform.

Philosophische Praxis ist die Begleitung und Selbstaufklärung
von Menschen bei Fragen nach dem guten Leben
durch einen Philosophen

Philosophische Praxis ist keine Psychotherapie, es wird nicht behandelt und es werden keine Ratschläge erteilt, sondern Philosophische Praxis ist gemeinsam praktizierte Lebenskunst.

Philosophische Beratung versteht sich als Reflexion und Modifikation des Selbst- und Weltbezugs des Klienten. Damit ist gemeint, dass sich der Philosoph gemeinsam mit seinem Klienten dialogisch mit dessen persönlicher Lebensphilosophie auseinandersetzt. Dabei geht es um das Wachwerden für die Art der derzeit implizit vertretenden Philosophie und den Bezug dieser persönlichen Lebensphilosophie zur gegenwärtigen Lebenssituation des Klienten. Oftmals folgt diesem (Selbst-)Verstehensprozess die Entwicklung von alternativen Sichtweisen auf das eigene Leben und damit die Möglichkeit zur Änderung der jeweiligen Lebenssituation.

1981 eröffnete Dr. Gerd B. Achenbach die erste Philosophische Praxis der Neuzeit. Der von ihm geprägte Begriff wird als “professionell betriebene philosophische Lebensberatung” beschrieben, die “in der Praxis eines Philosophen geschieht.”

Dieser Gedanke, dass Philosophie auch immer einen Praxisbezug in sich hat, aus dem sich eine spezifische Beratungskompetenz entwickeln lässt, war der akademischen Philosophie in ihrem Elfenbeinturm lange Zeit abhanden gekommen. Dabei war die Beratung, vor allem auch die Individualberatung bei Lebensfragen, in der antiken Philosophie immer eine zentrale Aufgabe. So betonte schon Seneca in seinem Brief an Lucilius: “Willst Du wissen, was die Philosophie dem Menschengeschlecht verspricht? BERATUNG!”

Wenn das Leben Fragen stellt - Ausgangspunkte und Lebenssituationen für die Philosophische Praxis

Grundlagen Philosophischer Praxis

Philosophische Praxis basiert auf dem Staunen, der Liebe zur Weisheit und der Kommunikation.

„Der Anfang aller Philosophie ist das Staunen", so Aristoteles. Wer philosophiert, wundert sich und merkt plötzlich, dass das Selbstverständliche sich gar nicht so von selbst versteht, dass das Normale und alltäglich Bekannte gar nicht so normal ist, wie es uns erscheint. Philosophische Praxis stellt das bisherige Wissen über die Welt in Frage, denn wer philosophiert, ist auf der Suche nach Wahrheit.

Philosophie ist die Liebe (philia) zur Weisheit (sophia). Nach Platon ist es der „eros", der die Philosophierenden zur Wahrheit treibt. Dies bedeutet, dass die Philosophierenden die Weisheit nicht besitzten, sondern auf dem Weg zu ihr sind; sie begehren sie. In diesem Sinne ist Philosophische Praxis etwas dynamisches, etwas, das immer wieder neu geschieht, ein Erweitern des eigenen Horizontes.

Gleichzeitig ist Philosophie auch immer ein kommunikativer Prozess, bei dem Menschen sich im Gespräch austauschen. „Die Wahrheit beginnt zu zweien", so Karl Jaspers. In der Kommunikation muss sich die eigene Philosophie bewähren, muss den Fragen und Einwänden des Anderen standhalten oder sich den besseren Argumenten beugen.

Weitere Informationen zur Philosophischen Praxis

Was ist Philosophische Praxis?

  • Den roten Faden finden, der die Ereignisse des Lebens zu einer Biografie verspinnt

  • Vivifizieren und Dephlegmatisieren

  • In Philosophischer Praxis werden Fragen, Denkweisen und Einsichten sinngebend erfahrbar gemacht.

  • Philosophische Praxis ist die Begleitung und Selbstaufklärung von Menschen in Fragen nach den Guten Leben durch einen Philosophen

  • Die Bildung des Menschen zum Menschen

  • Die Alternative zu anderen Beratungsformen wie Coaching, Psychotherapie oder Seelsorge

  • Das Übungsfeld philosophischer Lebenskunst

  • Der Weg zu innerer Freiheit und Lebendigkeit

  • Die Lampe höher hängen!

  • Der Ausgangspunkt zur Übernahme von Verantwortung für Denken und Handeln

  • Das Gegengift für die Zumutungen der Zeit

  • Der Blick in den Spiegel

  • Der geschützte Raum für ergebnisoffenes Denken

  • Im eigenen Verstehen verstanden werden

  • Der Ort zum Infragestellen des vermeintlich Selbstverständlichen

  • Das Laboratorium für die Entwicklung des Neuen

  • Die Statthalterin unbeschädigten Lebens

  • Der Stachel im Fleisch

  • Die Stärkung der Selbstdistanzierungskompetenz

  • Der Widerstand gegen die neoliberale Zurichtung des Individuums

Aufklärung ist der Ausgang des Menschen
aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.

Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.
Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen.

Sapere aude!
Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.

(Immanuel Kant)